Norwegen hat einen wichtigen Meilenstein erreicht. Derzeit sind mehr Elektroautos auf den Straßen als Benziner. Bis Mitte 2024 werden die Elektrofahrzeuge erstmals den ersten Platz einnehmen, was natürlich teilweise auf die Regierungspolitik zurückzuführen ist. Dies ist zwar zweifellos interessant, wir können es jedoch noch viel interessanter machen, wenn wir die Situation in Norwegen mit der seines Nachbarn Schweden vergleichen und uns dann anschauen, wie diese beiden Länder im Vergleich zu den Niederlanden und Belgien abschneiden.
Die Situation in Norwegen: Viele Elektroautos und der Grund dafür
In Norwegen waren Mitte September rund 754.000 vollelektrische Autos auf den Straßen unterwegs, während die Zahl der Benziner unter 754.000 liegt und die Autos sogar immer weiter von den Straßen verschwinden. Dies ist nicht sehr überraschend, denn trotz vieler Horrorgeschichten in den niederländischen Medien plant die norwegische Regierung weiterhin, den Verbrennungsmotor ab 2025 zu verbieten. Ab diesem Jahr dürfen Neuwagen keinen Verbrennungsmotor mehr haben, Benziner und Diesel verschwinden damit langsam aber sicher von der Bildfläche.
Norwegen hat beträchtliche Summen investiert, um dies zu verwirklichen. Die enormen Einnahmen, die das Land aus der Ölindustrie erzielt hat, wurden in Steueranreize für das Elektroautofahren sowie in zahlreiche (oft kostenlose) Ladestationen entlang der Hauptverkehrsachsen investiert.
Also sind Elektrofahrzeuge in Norwegen führend?
Nein, aber das wird nicht mehr lange der Fall sein. In Norwegen gibt es noch immer eine Million Dieselautos, die vor allem außerhalb der größeren Städte beliebt sind. Der enorme Anstieg des Elektroautofahrens beschränkte sich zunächst auf städtische Gebiete, insbesondere in und um Oslo. Als die Regierung die neue Politik einführte, wollten die abgelegenen Gebiete keine Elektroautos, und das war keine Überraschung. Ein durchschnittliches Elektroauto hat eine Reichweite von 300 Kilometern, was hierzulande einfach nicht ausreicht.
Dieses Bild ändert sich jedoch schnell. In Norwegen werden immer weniger Dieselmodelle verkauft und die Zahl der verkauften Elektroautos steigt rasant. Etwa 90 % der heute verkauften Neuwagen sind Elektroautos. Dank der staatlichen Anreize und der deutlich größeren Produktpalette, etwa der Modelle von Polestar und Volvo (beides zudem eher lokale Modelle), ist es nur eine Frage von Monaten, bis das Elektroauto in Norwegen die absolute Spitzenposition einnimmt. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, dürfte dies (insbesondere aufgrund der neuen Gesetze in Norwegen) Anfang 2025 der Fall sein.
Und was ist mit dem benachbarten Schweden?
Es ist kein abwegiger Gedanke anzunehmen, dass die Situation in Schweden ähnlich sein dürfte. Schließlich unterscheiden sich Norwegen und Schweden nicht so sehr voneinander, zumindest nicht auf den ersten Blick. Allerdings verfügt Schweden nicht über riesige Ölfelder und die schwedische Regierung ist um einiges vorsichtiger als die norwegische Regierung. In Schweden hinkt das Elektroauto hinterher, und die Verkaufszahlen von Elektroautos gingen in den letzten Monaten zurück. Obwohl jedes Mal mit einem niedrigen Prozentsatz, durchbrach Schweden wiederholt den Trend innerhalb der EU und die schwedischen Medien schrieben sogar, dass Schweden „die Bremse für den Fortschritt in Richtung Elektromobilität in der EU“ sei.
Zurück zu konkreten Zahlen: Im Jahr 2023 waren 38 % aller Neuzulassungen reine Elektroautos. Ein ziemlich hoher Prozentsatz, aber weit entfernt von den Zahlen, die Norwegen aufweist, und dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Nachfolgend haben wir die Wichtigsten aufgelistet:
- Schweden verfügt – im Vergleich zu den Niederlanden und Norwegen – über eine schlechte Infrastruktur, was Schnellladegeräte und AC-Ladestationen angeht.
- Der Steuervorteil in Schweden war bereits viel geringer als in Norwegen und dieser Vorteil wurde aus Kostengründen zusätzlich um etwa 1.000 € pro Auto gekürzt.
Hierzu gibt es zwei wichtige Vorbehalte, da die Geschichte nicht vollständig ist. Der erste Vorbehalt besteht darin, dass die schwedische Regierung vor Kurzem begonnen hat, konkrete Schritte zur Verbesserung der Ladeinfrastruktur zu unternehmen. Beispielsweise müssen alle öffentlichen Parkplätze mit Ladestationen ausgestattet sein. Darüber hinaus kann jede einzelne Kommune (vergleichbar mit der niederländischen Stadtverwaltung) ihre eigene Politik zur Verbesserung der Infrastruktur entwickeln.
Eine weitere Randbemerkung ist, dass die Schweden sich überwiegend für Hybridmodelle entscheiden. Dies hängt zweifellos mit der Reichweiten-Angst zusammen, die im Land schon seit längerem eine große Rolle spielt. Genau wie in Norwegen sind die Entfernungen in Schweden einfach relativ groß. Da Schweden aber nicht annähernd über die Ladeinfrastruktur Norwegens verfügt, ist die Reichweitenangst in Schweden ein wichtiger Faktor. Die meisten Befürchtungen lösen die Hybridmodelle, die sich während der Fahrt mit fossilem Brennstoff aufladen.
Doch warum wurden die Tesla-Modelle zurückgegeben?
Die internationale Medienberichterstattung war groß und insbesondere in den Niederlanden erfreuten sich die Gegner des Elektroautos an den Booten voller Tesla-Modelle, die noch nicht auf den Markt gekommen waren. Viele schrieben, sie hätten es schon immer vorhergesagt und der beliebte Tesla könne nun alle Modelle auf den Schrott schicken und das elektrische Fahren hätte keine Chance mehr.
Das ist alles schön und gut, aber nichts davon war richtig. Die Boote wurden nicht entladen, weil die Mechaniker in Schweden streikten. Sie wollten Tarifverträge, was Elon Musk ablehnte. Alle Leute, die ihre Teslas bestellt hatten, mussten bestürzt zusehen, wie die Modelle auf den Booten blieben und Musk beschloss, hart zu bleiben. Es handelte sich also nicht um eine geringere Nachfrage, sondern um einen Streik, der bei vielen Schweden einen üblen Nachgeschmack bei der Marke Tesla hinterlassen sollte.
Norwegen-Schweden im Vergleich zur Situation in den Niederlanden und Belgien
In Norwegen und Schweden erfreuen sich Elektroautos besonders großer Beliebtheit und es wird an Möglichkeiten gearbeitet, mehr Batterien und andere Lösungen zu ermöglichen. Wie machen wir das also eigentlich in den Niederlanden und in Belgien? Um den Vergleich abzuschließen, werfen wir einen Blick darauf.
Die Anzahl der Elektroautos in den Niederlanden
Die Niederlande hinken weit hinterher, auch wenn hier ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen ist. Anfang 2023 gab es in den Niederlanden etwa eine halbe Million Plug-in-Autos, von denen 65 % vollelektrisch waren. Der Anteil reiner Elektroautos liegt allerdings nur bei knapp 4 %. Anders als in Norwegen geht die Zahl der Dieselfahrzeuge in den Niederlanden allerdings deutlich schneller zurück.
Bis Juli 2024 hat sich das Bild nicht wirklich geändert, obwohl die Zahl der vollelektrischen Autos inzwischen die halbe Million (511.000) überschritten hat. Auch die Zahl der Hybridautos bleibt mit 333.767 hoch, was bedeutet, dass sich die Zahl der Plug-in-Autos in den Niederlanden langsam aber sicher der Million nähert. Allerdings müssen wir uns einem Land wie Norwegen beugen, denn in den Niederlanden beträgt der Anteil vollelektrischer Autos im Juli 2024 lediglich 5,6 %. Interessante Tatsache: Tesla führt in den Niederlanden mit zwei Modellen die Liste der am häufigsten zugelassenen vollelektrischen Autos an. Dies gilt für das Tesla Model 3 und das Tesla Model Y.
Die Anzahl der Elektroautos in Belgien
In Belgien war von einem wahnwitzigen Anstieg der Zahl an Elektroautos bis 2024 um bis zu 83 Prozent die Rede. Dieser hohe Prozentsatz ist vor allem auf eine besonders niedrige Ausgangszahl zurückzuführen, denn im Jahr 2023 waren in Belgien weniger als 140.000 Elektrofahrzeuge auf den Straßen unterwegs. Im Jahr 2024 werden es rund 250.000 sein. Dieser Anstieg um 83 % bedeutet, dass der Anteil vollelektrischer Autos in Belgien im Jahr 2024 4 % erreichen wird (in unseren südlichen Nachbarländern sind mehr als 6 Millionen Autos auf den Straßen unterwegs).
Der Hybrid schneidet jedoch mit fast 12 % Marktanteil deutlich besser ab. Bis 2024 sind bereits über 700.000 Einheiten hinzugekommen, was deutlich macht, dass Belgien im Einklang mit Schweden liegt und überwiegend auf Hybrid setzt. In Belgien wie auch in den Niederlanden hat es der Diesel schwer. Im Jahr 2024 wird es einen Rückgang von nicht weniger als 12 % geben. Die Zahl der Benzinautos steigt in Belgien weiterhin an.
Deshalb könnte Norwegen die Führungsrolle beanspruchen
Norwegen ist praktisch zu einem Wettrennen geworden, bei dem kein anderer Teilnehmer mithalten konnte. Mit dem vielen Geld aus den Ölfeldern konnte die norwegische Regierung massiv in Steuererleichterungen und den Aufbau einer hervorragenden Ladeinfrastruktur mit Schnellladegeräten investieren, was maßgeblich zum Erfolg des Elektroautos beigetragen hat.
Die Niederlande haben ein weiteres Rennen gewonnen und liegen noch immer in Führung. Bei diesem Rennen können die Norweger unmöglich mithalten. Die Niederlande sind bereits seit geraumer Zeit das Land mit der höchsten Ladestationsdichte (sowohl Schnelllader als auch Standardladestationen). Aufgrund der relativ geringen Größe der Niederlande und der vielen Kilometer an Autobahnen und Schnellstraßen ist es wesentlich einfacher, die Anzahl der Ladestationen pro Quadratkilometer zu erhöhen.
Damit sind die Niederlande und Norwegen derzeit in Europa führend, was das elektrische Fahren, die Lademöglichkeiten und die Anzahl an Elektroautos pro Kopf betrifft. Auffällig ist, dass beide Länder ein direktes Nachbarland haben, in dem das reine Elektroauto weniger verbreitet ist und viele Menschen auf Hybridautos zurückgreifen.